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Baustellen-Blog Südschnellweg

Landwehrkreisel bis zu den Bahnbrücken vor dem Seelhorster Kreuz in Hannover


Baustellen-Blog Südschnellweg Bildrechte: NLStBV
31.07.2025

Maximale Bodenhaftung

Stellen Sie sich vor, jemand baut einen Fußboden aus einem Meter dicken Beton. Dann hätte er oder sie auf jeden Fall eine stabile und massive Platte, oder? Doch was, wenn die Person nicht genug bekommt? Wenn sie den Fußboden mit dutzenden Schrauben lieber noch einmal richtig festdübelt? „Warum in aller Welt macht sie denn sowas?“ Das wäre wohl noch die höflichste Reaktion.

Wir aber würden wohl verständnisvoll nicken. Denn wir am Südschnellweg machen auch so etwas. Und das aus gutem Grund.

Um das zu verstehen, tauchen wir einmal in den Bau der Tunneldocks ein – vielmehr lassen wir den Tunnel einmal in den Untergrund eintauchen. Die Tunneleinfahrt und die Tunnelausfahrt liegen naturgemäß recht nah an dem Bereich, den man „Boden“ oder auf fachdeutsch „Geländeoberkante“ nennt. Die Strecke zwischen diesen Pforten führt leicht nach unten und etwa ab der Mitte wieder leicht bergauf. Das heißt: Die zehn Baudocks (Tunnel-Bauabschnitte) werden unterschiedlich tief gegraben. Der jeweilige Fußboden entsteht in ganz unterschiedlichen Tiefen: von nur wenigen Metern (Anfang und Ende) bis zu 20 Metern Tiefe. Die Streckenführung erinnert also ein wenig an eine leicht durchhängende Schlange.

Ein paar der Baudocks kommen mit der Grundwasserschicht unter Döhren stärker in Berührung als andere. Im Einzelnen sind das die Baudocks 1 bis 3 am westlichen Portal und die Baudocks 8 bis 10 im östlichen Tunnelbereich. In den anderen, tiefer liegenden Baudocks entsteht der Fußboden in einem Bereich, der von natürlichen Tonschichten bereits abgedichtet ist (vgl. Beitrag vom 18.07.2025, „Veronica, der Lenz ist (bald) da…“).

Grundwasser, wohlgemerkt, ist in einer Baustelle nicht trivial. Auch das hatten wir in dem Beitrag schon angedeutet. Das heißt konkret: Das Grundwasser hat die Kraft, den Fußboden anzuheben. Einen Fußboden, der im Baudock 8 rund 660 Quadratmeter groß und – wie gesagt – einen Meter dick ist. Im Boden unter Döhren ist also offenbar ganz ordentlich Auftrieb am Werk.

Deswegen dübeln wir den Fußboden fest.

Die Arbeit hierfür hat schon begonnen. Und natürlich nutzen wir keine Dübel, sondern etwas Besseres: Fünf Zentimeter dicke Stahlstangen – so genannte Zugstangen (oder auch Zugpfähle oder Zuganker genannt). Im Baudock 8 sind diese Stangen 19 Meter lang. Und diese Stangen bauen wir jetzt ein – dort und auch schon im Baudock 1 an der Schützenallee (siehe Fotos unten).

Das Video unten gibt einen kleinen Eindruck, wie das vonstatten geht: Ein Ankerbohrgerät treibt Stück für Stück das Bohrgestänge in den Untergrund. Dabei wird ein Raster abgearbeitet, das für jedes Loch präzise Geokoordinaten vorsieht.

Jedes Bohrloch ist 18 Zentimeter im Durchmesser und reicht am Ende von der Geländeoberkante bis in gut 29 Meter Tiefe. Es ist stets so tief, dass die Zugstange – unser Dübel – ziemlich genau anderthalb Meter aus dem Boden ragt. Aber aus welchem Boden denn?

Richtig: Aus dem Boden, den wir bekommen, wenn wir uns in die passende Tiefe heruntergegraben haben. Also aus dem Boden der Baugrube, wenn sie einmal ausgehoben ist; und auf den in etwa 11 Metern Tiefe die Baugrubensohle angelegt wird. Das Schema unten gibt einen Eindruck, wie es (einschließlich Betonsohle) am Ende aussieht.

Wir bohren jetzt also reichlich Löcher – 128 Stück auf der Kreuzung Hildesheimer Straße – füllen Zementsuspension ein und lassen diese langen Stahlstangen dort hineinplumpsen. Später graben wir den Boden ab. Und wenn die Baugrube ausgehoben ist, liegt dort unten ein Feld mit anderthalb Meter langen Stoppeln – die oberen Enden unserer Zugstangen. Auf diese Stoppeln schrauben Spezialisten dann Ankerstücke (auf dem Foto unten zu sehen) und sichern diese mit Kontermuttern. Über alle sechs betroffenen Baudocks gesehen, werden es am Ende mehr als 2.000 Zugstangen sein.

Wer den Bau schon länger verfolgt, ahnt, was jetzt kommt: Dieses Stoppelfeld wird mit Beton vergossen, mit einer Schicht von einem Meter Dicke. Daraus ergibt sich an der Hildesheimer Straße eine Bodenplatte die mit 128 Stahlankern mehr als 17 Meter tief verankert ist. Die Stoppeln ragen übrigens nicht oben aus der Betonsohle heraus. Ihre Länge ist oben nur grob beschrieben und schließt die ein oder andere Toleranz mit ein. Es wird also passen.

Insgesamt 2,4 Kilometer an Zugstangen kommen für das Baudock 8 zusammen. Das sollte für die nötige Bodenhaftung reichen.

Übrigens: Weil diese Arbeit uns noch nicht kompliziert genug ist, erledigen wir sie obendrein noch unter Wasser – zumindest zum Teil. Die Ankerstücke und die Kontermuttern werden zum Beispiel von Tauchern aufgeschraubt. Das wird mit Sicherheit das erste Mal sein, dass unter der Kreuzung Taucher unterwegs sind.

Und noch ein Übrigens: Der Sommer dauert leider nicht ewig, und wir müssen vor dem Winter noch eine Menge schaffen. Deswegen drillen die Bohrgeräte derzeit rund um die Uhr. Selbstverständlich sind alle klar instruiert, in der Nacht möglichst sachte vorzugehen. Aller unnötiger Lärm soll vermieden werden! Sollten Sie in der Nähe wohnen und trotzdem gestört werden, kommen Sie auf uns zu.

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Fünf Zentimeter dicke Stahlstangen werden die Betohsohle in den Baugruben an den beiden Tunnelportalen im Boden verankern.
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Diese Ankerstücke an den Enden der Stahlstangen sorgen dafür, dass Stahl und Beton fest miteinander verbunden sind.
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Das Schema zeigt, wie die Betonsohle der Baugrube (rot) mit langen Zugankern gegen den Grundwasserauftrieb gesichert wird.
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Und so sieht die Verankerung in der Betonsohle aus: Die Zugstange wird mit Ankerstück und Kontermutter von Beton umschlossen.
24.07.2025

Südschnellweg goes art

Seit dem Beginn der Bauarbeit hat das Südschnellwegprojekt einen Zaungast. Ungefähr alle zwei Wochen sieht man ihn an unterschiedlichen Stellen auf seinem Hocker sitzen. Ein Blatt Papier auf den Beinen, in der Hand ein Zeichenstift. Wer ist das, und was macht er da? Wir stellen ihn vor.

Burkhard Simon ist seit vielen Jahren Architekt. Er blickt also nüchtern, mit geschultem Auge auf das Baugeschehen. Gleichzeitig ist Burkhard Simon auch seit vielen Jahren Künstler. Und mit diesem, seinem kreativen Auge sieht er die Welt ganz anders.

„Wenn ich zeichne, versuche ich immer, die ganze Situation einzufangen. Es sollen Bilder mit dem ganzen Drum und Dran entstehen, wie man sie als Normalmensch sieht“, sagt Simon. Warnbaken, Baustellenzäune, Kabel, Schilder – das alles gehöre dazu. „‘Gemüse‘, das eine Baustelle ausmacht“, wie er findet.

Einmal am passenden Ort angekommen, geht es schnell. Burkhard Simon ist mit leichtem Gepäck unterwegs. Ein Camping-Dreibeinhocker, eine flache Blechdose mit zwei, drei Füllfederhaltern und ein Stoß Aquarellpapier. Keine drei Minuten, dann ist alles eingerichtet. Noch schneller geht es, bis er abgetaucht ist in seinen Zeichentunnel. Konzentriert, ruhig und doch zügig setzt er die Linien. Die Dinge scheinen sich durch ihn hindurch auf das Papier zu drängen. Aus Maschinen und Menschen werden Umrisse aus wasserfester Tinte.

In der Regel coloriert er die Zeichnungen später vor Ort, in leuchtenden Farben. So bekommen die Szenen einen ganz eigenen Charakter. Präzise konturiert und genau im Detail, gleichzeitig aber mit der nötigen Pointierung. „Die Baustelle bietet schöne Farbkontraste“, sagt Simon. Obwohl er sich erst einmal an die kräftige Colorierung gewöhnen musste. „Die Regel ist sonst: Ich arbeite Ton in Ton und halte ein Farbthema durch. Das ist am Südschnellweg ganz anders, hat aber seinen besonderen Reiz“, sagt er.

Burkhard Simons Alltag war über Jahrzehnte von technischen Zeichnungen geprägt. Zeichnen hat er von der Pike auf gelernt. Erst studierte er an der FH Hildesheim, dann folgte das Architekturstudium an der Leibniz Universität in Hannover. Nach einer Zeit in verschiedenen Architekturbüros machte er sich zusammen mit Kollegen selbstständig. „Das war 1984“, erinnert er sich. „Wir sind vorwiegend für Dorferneuerungsprojekte in vielen Kommunen unterwegs gewesen, haben geplant, beraten und gebaut.“

Doch es zog ihn zurück zum Hochbau. 1991 gründete er zusammen mit Partnerin erneut ein Büro – Architekten Küthe-Neumann + Simon. „Wir wollten mehr in die Gebäudeplanung wechseln. Meine Partnerin und Ehefrau hat Innenarchitektur und Architektur studiert. Das hat einfach gepasst“, so Simon. Die Jugendherberge Hannover an der Ihme haben sie entworfen und gebaut. Dazu kommen weitere zahlreiche Projekte, zum Beispiel im Bereich von Wohn- und Bürogebäuden, des Siedlungsbaus, der Ortmittenplanung und Platzgestaltung sowie Bauberatungen.

Nicht nur der technische Blick, auch der künstlerische Ausdruck hat ihn schon immer begleitet. „Auf unseren Baustellen habe ich selten Zeit gefunden, um Szenen so zu skizzieren“, sagt Simon. Primär war er dort als Planer und Baustellenmanager unterwegs. Und so blieb nie viel Zeit und Raum für die Kunst.

Burkhard Simon ist jetzt reduzierter beruflich aktiv, und deshalb erfüllt auch die Kunst mehr seinen Alltag. „Ich muss einfach zeichnen“, sagt Simon mit Leidenschaft. Beim Gang zum Arzt im Wartezimmer zum Beispiel. Oder beim Klassik-Open-Air im Maschpark. „Ich kann nicht einfach rumsitzen und nichts tun“, so der 74-Jährige. Wieder sind es Dinge, Menschen, Szenen, die sich durch ihn hindurch auf sein Zeichenpapier drängen.

21 Bilder und Skizzen – in großem Format und in seinem Skizzenbuch – hat er vom Südschnellweg bisher geschaffen. Einige Stunden hat er dafür am Rande des Projektes verbracht. „Mittlerweile kenne ich schon ein paar Mitarbeiter“, schildert er. „Einige kommen vorbei, wenn sie mich sehen. Dann schauen sie mir über die Schulter, und wir unterhalten uns nett.“ Ein reger Austausch entstehe. Die Anderen freuten sich über die Bilder, er selbst lerne Details über das, was er gerade zeichnet. Eine Ehrenwarnweste habe er mittlerweile auch schon. „Während ich bisher nur außerhalb des Baufeldes bleibe, wünsche ich mir manchmal, mich zum Zeichnen und Malen noch näher am Geschehen aufhalten zu können, einen Helm habe ich noch im Büro“, sagt er.

Ein Höhepunkt bisher war aus Simons Sicht der Rückbau der alten Südschnellwegbrücke über die Hildesheimer Straße zu Ostern. „Den Termin habe ich mir extra in den Terminkalender eingetragen“, erinnert er sich. Damals habe er besonders deutlich erlebt, worum es …. bei der Baustelle geht: „Die Raumarchitektur verändert sich. Dort wo vorher etwas war, ist jetzt leerer Raum. Infrastruktur, die Döhren über Jahrzehnte geprägt hat, verschwindet und macht neuen Räumen Platz“, beschreibt Simon. Die Südschnellwegbaustelle habe eine ungeheure Dynamik. „Das merke ich, und das merken auch alle anderen, die hier wohnen oder vorbeikommen.“

Burkhard Simons künstlerische Sicht auf Baustellen, Menschen und die Stadt versammelt sich inzwischen in einem umfangreichen Werk. Zahlreiche Bilder gibt es, die auch regelmäßig in Ausstellungen zu sehen sind, zum Beispiel in Praxen, im Senioren-Zentrum, im Bildungsverein Hannover, oder als Leihgabe für eine ständige Ausstellung im Friederikenstift Hannover. „Dort habe ich selbst einmal gelegen. Natürlich habe ich die meiste Zeit über gezeichnet, den außergewöhnlichen Blick über die Stadtsilhouette musste ich ausnutzen“, sagt er schmunzelnd. Seine künstlerische Sicht gibt Burkhard Simon auch gern bei Workshops weiter. Anfang August zum Beispiel im Lions Malstudio Hannover, oder danach auf der Sketchcon für die Kunstfabrik Hannover.

In ein, zwei Wochen wird er wohl auch wieder am Südschnellweg zu finden sein. „Ich war vor Kurzem zum ersten Mal an den Bauflächen an den Leinebrücken. Dort gibt es jetzt auch viel zu entdecken“, sagt er. Vieles zu entdecken, und vieles, was er dann wieder von seinem Dreibeinhocker aus auf Bütten bringen wird.

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Burkhard Simon fängt an der Südschnellwegbaustelle eine Szene ein.
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Burkhard Simon (74) ist Architekt und Künstler aus Hannover.
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Und das ist das fertige Bild: Die Bentonitsilos an der Schützenallee mit Aufbereitungsanlage (10.07.2025).
18.07.2025

Veronica, der Lenz ist (bald) da…

Die Comedian Harmonists freuen sich mit diesem Gassenhauer über den Frühling. Auch wir schauen dem Frühlingserwachen schon freudig entgegen. Denn dann wird auch auf der Baustelle gelenzt.

Lenzen kommt (unter anderem) aus dem Bergbau. Und Bergbau ist im weitesten Sinne das, was wir an der Tunnelbaustelle bald beginnen. Noch einmal kurz zur Wiederholung: Der Tunnel wird in zehn Abschnitten entstehen, so genannten Baudocks. Die Schlitzwand unter der Ersatzbrücke und die Schlitzwand Süd bilden die Seitenwände dieser riesigen Gruben. Die einzelnen Docks werden mit Querschotten voneinander abgegrenzt. Nun laufen große Löcher gern mit Wasser voll. Das Wasser kommt nicht nur von oben, nennen wir es Regen, sondern auch von unten, aus dem Grundwasser.

Mit Regenwasser kommen wir schon irgendwie zurecht. Grundwasser in der Baustelle ist aber nicht trivial. Darum müssen wir uns kümmern. Deswegen haben wir zwei Verfahren ausgewählt, die perfekt zum Südschnellweg passen. Das erste ist recht einfach: In den tiefer liegenden Baudocks reichen die Schlitzwände so weit in den Untergrund, dass sie in die natürlichen Tonschichten einbinden. Ton ist wasserundurchlässig – fertig ist die wasserdichte Sohle (oder einfacher: Fußboden).

Nicht alle Docks werden aber so tief gegraben. Ihr Fußboden entsteht mitten im Grundwasserbereich. Also müssen wir ihn so bauen, dass er wasserdicht ist und das Baudock trocken (und stabil) hält. Paradox erscheint, dass wir diesen Fußboden dann bauen, wenn Wasser im Dock steht. Die Sohle wird also unter Wasser betoniert. Klingt spannend? Ist es auch. Deswegen erklären wir das später noch genau, wenn es soweit ist. Nur soviel kurz vorab: Diese Abdichtung nach unten hat zur Folge, dass wir grundwasserschonend bauen. Denn wäre die Grube unten offen, müsste das Grundwasser in halb Döhren abgesenkt werden. So aber bleibt das Wasser rundherum im Untergrund erhalten und nimmt weiter seinen natürlichen Weg.

Soweit, so gut. Das Dock ist dicht, die Sohle ist fertig. Jetzt wird gelenzt. Das heißt: Das im Baudock einmalig eingeschlossene Wasser wird abgepumpt. Ein Trockendock für den späteren Tunnelkörper entsteht. Wasser kommt ab jetzt nur noch von oben.

Doch wohin mit dem Grubenwasser? Die Kanäle in Hannovers Untergrund sind dafür der falsche Platz. Deswegen bauen wir jetzt Rohrleitungen. Einmal entlang der Baustelle, entlang des Pänner-Schuster-Weges und bis zur Leine. Erst werden wir das Wasser testen. Und wenn es sauber ist, dann kommt es in den Fluss. Das heißt: An der Hildesheimer Straße kommt das Kommando: „Baudock lenzen!“. Und die Antwort an der Leinebrücke heißt dann (wenn auch sehr leise): „Wasser Marsch!“

Ein Teil der Rohrleitungen liegt bereits, wie das Foto unten zeigt. Einen anderen Teil müssen wir noch bauen. Da die Leitungen auch über die Schützenallee und entlang der Willmerstraße Nord geführt werden, könnte es dort in der kommenden Woche übrigens in zwei Nächten zu Verkehrseinschränkungen kommen. Einzelheiten gibt es in unserer Pressemitteilung. Die Störungen dauern aber nur kurz, dann wird die Straße jeweils sofort wieder freigegeben.

Bis es soweit ist, werden wir natürlich nicht (fau-)lenzen, sondern weiterbauen. Was genau, lesen Sie hier ab nächster Woche wieder.

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Die blauen Wasserleitungen bereichern jetzt das Bild an der Tunnelbaustelle. Sie leiten später einmal das Grubenwasser ab. Die Leitungen werden in "Toren" über die Verkehrswege geführt, um die Nutzung der Wege weiterhin zu ermöglichen.
11.07.2025

Schatten, Licht und freie Fahrt

Wenn etwas in den Hitzetagen der vergangenen Woche wichtig war, dann war es Schatten. Die Sonne brannte, die Wasserflaschen kreisten, außerhalb klimatisierter Fahrerkabinen ging es nur schleppend voran. Dabei haben wir ja reichlich Schatten auf der Baustelle. Nur leider an der völlig falschen Stelle.

Um das zu verstehen, ein kurzer Blick zurück. Die große Südschnellwegbrücke über die Hildesheimer Straße ist bekanntlich Geschichte. Zerlegt in Kieselgröße ruht sie auf der Lagerfläche Wilksheide und harrt einer neuen Verwendung als Baustraße, Anschüttung oder Zuschlagstoff. Das Foto unten gibt einen Eindruck: Mount Wilksheide 2.0! (vgl. Beitrag vom 12.03.2025, „Haufenlogistik vom feinsten“)

Was von der Brücke aber geblieben ist, liegt zum Teil noch in der Tiefe: die Fundamente der Brückenpfeiler. Und das sind echte Kaventsmänner. Knapp 8 Meter lang und 5 Meter breit, ragen sie rund 2 Meter in die Tiefe. Um die großen Kräfte von der Brücke auch zuverlässig in den Untergrund leiten zu können, sind sie natürlich aus bestem Stahlbeton. Sie wiegen zwischen rund 43 und bis zu 188 Tonnen, zusammen bringen sie knapp 780 Tonnen auf die Waage.

Größe hat uns noch nie wirklich beeindruckt. Großes Werkstück – großes Werkzeug. Nach dieser Regel bekommt man so etwas eigentlich gut gewuppt. Das Perfide an den Fundamenten aber ist: Niemand weiß was darunter liegt.

Das könnte uns egal sein, wenn wir ausschließen können, dass dort Weltkriegsbomben schlummern. Können wir aber nicht. Und deswegen lassen wir das mit dem Hydraulikhammer lieber sein.

Das Motto hier ist also: nicht trümmern, sondern tranchieren. Dabei kommt ein Werkzeug zum Einsatz, das ganz einfach gestrickt ist – eine Seilsäge. Das Prinzip: Ein Motor treibt eine sehr widerständige Schlaufe an, die sich durch das Werkstück schneidet. Konkret handelt es sich um ein Stahlseil mit vielen „Knubbeln“ aus extrahartem oder diamantbesetztem Stahl – ähnlich einer Perlenkette. Das Seil läuft kontinuierlich um das Fundament, bis eine Scheibe abgetrennt ist. Die Fotos unten geben einen Eindruck. Anschließend werden die Scheiben ausgehoben und in kleine Teile zerlegt, die gut abtransportiert werden können.

Diese Arbeit ist fast geschafft. Derzeit arbeiten wir an den letzten beiden Fundamenten, und dann bleibt nur noch ein Problem zurück: Direkt an der Kreuzung an der Hildesheimer Straße ragt noch ein Pfeilerrest auf einem Fundament in die Höhe. Da wir nicht planen, ein Brückendenkmal stehen zu lassen, muss auch das noch weg. Leider aber liegt der Fuß- und Radweg direkt daneben. Arbeitsraum ist wieder einmal knapp. Wie immer an der Südschnellwegbaustelle. Das heißt also: Es wird eine kleine Spezialoperation geben. Dazu aber später mehr.

Bei der Gelegenheit eine wichtige Sache: Wir möchten uns ganz herzlich bei unseren Baustellennachbarn bedanken! Für Ihre Geduld und Ihr Durchhaltevermögen. Nicht nur der spektakuläre Abbruch der Brücke, auch die letzten Schritte haben noch einmal richtig Lärm gemacht. Das hat bestimmt eine Menge Nerven gekostet.

Und was hat das alles mit Schatten zu tun? Blog-Erfahrene ahnen es: Wer nach Blindgängern sucht, setzt eigentlich Detektoren ein, die elektromagnetische Resonanzen messen. Der Boden wird quasi magnetisch ausgeleuchtet (vgl. Beitrag vom 8.05.2025, „Der spannende letzte Meter“). Das ist bei den Fundamenten jedoch nicht möglich. Es steckt schlicht zuviel Stahl im Beton. Elektromagnetisch betrachtet, sind die Blöcke riesige Schatten. Erst wenn die weggeräumt sind, können wir darunter weitersuchen. Und wie so häufig hoffentlich nichts finden.

Wo Schatten ist, ist auch Licht. Deswegen zum Abschluss noch ein Lichtblick zum Wochenende: Die Reparatur der Südschnellwegfahrbahn hat ausnehmend gut geklappt. Die Witterung war optimal – ganz anders als in der vergangenen Woche. Böse Überraschungen oder irgendetwas, das die Kolleginnen und Kollegen vor Ort gebremst hätte, gab es nicht. Die Fotos unten geben einen kleinen Eindruck.

Das heißt: Die Fahrbahn ist wiederhergestellt, wir können schon heute, Freitag, die Strecke wieder freigeben. Im Einzelnen:

  • Seit 9 Uhr ist die Fahrbahn vom Seelhorster Kreuz in Richtung Landwehrkreisel wieder frei.
  • Ab 13 Uhr ist dann die Fahrbahn vom Landwehrkreisel in Richtung Seelhorster an der Reihe.

Die Freigabe erfolgt abschnittsweise, weil am Vormittag auf der einen Streckenhälfte noch gearbeitet wird.

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Mount Wilksheide 2.0: Das ist die alte Südschnellwegbrücke über die Hildesheimer Straße. In Kieselgröße kann sie nun im Baugeschehen weiterverwendet werden.
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Seilsäge im Einsatz: Das dünne Stahlseil umfängt das Fundament und zerschneidet es.
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Der untere Teil der Seilsäge: Das Stahlseil läuft auf einen Motor zu, der es antreibt.
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Ein Pfeilerfundament ist bis zu acht Meter lang und fünf Meter breit - hier ein etwas kleineres Exemplar. Das Fundament steckt bis zu zwei Metern in der Tiefe.
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Fahrbahnsanierung auf dem Südschnellweg: Die Schadstellen wurden gefräst und frisch asphaltiert.
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Eine Walze verdichtet anschließend, arbeitet Split ein und schafft eine ebene Fläche.
02.07.2025

Ganz schönes Gerödel

Der Anfang vom Ende ist erreicht. Die ehemaligen Straßenböschungen an der Südseite der Strecke sind umgearbeitet, jetzt ist Platz für das erste Teilbauwerk der neuen Leineflutbrücke (vgl. erstes Bild unten). Der braune Streifen Erdreich führt bis zum Ende der neuen Brücke. Oder zum Anfang – je, nachdem, von wo man kommt. Jedenfalls ist dort jetzt erlebbar, was auf den Plänen schon lange klar ist. Die neue Brücke wird 50 Meter länger. Das ist ein ganz schönes Stück. Vom Ende her betrachtet – und vom Anfang.

Dass auch beim Arbeitsablauf ein Ende immer auch ein Anfang ist, zeigt sich dort ebenfalls. Kaum ist das Erdreich weggeschafft, liegen dort die Bauteile für den nächsten Schritt. Meterweise Großgestänge, um damit die Bohrpfähle in die Tiefe zu treiben.

Sogar der übernächste Schritt ist schon vorbereitet: Auch die langen, schmalen Körbe aus Bewehrungsstahl sind schon vor Ort (für Lebensältere: Körbe aus Moniereisen). Bereit um in die Löcher versenkt zu werden, den Beton flexibel und belastbar zu machen und am Ende als Fundament zu dienen. Die Körbe bestehen aus unterschiedlichen Bewehrungsstäben die fertig gebogen, ge- und verflochten und verrödelt sind. Rödeln ist in der Tat ein Fachterminus von dem alle wissen was er bedeutet, aber keiner genau weiß wo er herkommt. Wer aber schon mal mit Betonbau zu tun hatte kennt das: Um die Stäbe lagesicher zusammenzufügen, muss man ganz schön rödeln.

Wer hier gerade den Überblick verliert, was es mit Brücken-Teilbauwerken und dem großen Ganzen auf sich hat, schaut einfach in den Eintrag vom 19.06.2025 („Noch ganz schön weit weg“). Und wer sich immer schon einmal gefragt hat, wie man eigentlich ein so dickes und tiefes Loch für ein Punktfundament (Bohrpfahl) bohrt, kann sich auf einen der nächsten Beiträge freuen.

Unterdessen geht es auch im Kiesteich selbst voran (vgl. Bilder unten). Unsere Südschnellwegseeleute sind fleißig dabei, kleine trockene Zonen mitten im Wasser anzulegen. Wie das genau funktioniert, hatten wir am 06.06. erklärt („Bagger ahoi“). Deswegen hier nur kurz wiederholt: Ein Bagger mit langem Ausleger (Teleskop) treibt mit seinem speziellen Anbaugerät Elemente von Spundwänden in den Seeboden. So entstehen nach und nach drei wasserdichte Kästen. In den Kästen, also im Trockenen, bauen wir dann die Brückenpfeiler.

Die Spundwandelemente werden an ihren Verbindungsstellen übrigens nicht weiterbearbeitet – das heißt geschweißt, verschraubt oder gar abgedichtet. Warum sie trotzdem kein Wasser durchlassen, zeigt die Detailaufnahme unten. Der Trick: Die Teile sind geschickt verzahnt. Im Fachsprech heißt das Spundwandschloss. Durch das Schloss werden die Elemente nicht nur kraftschlüssig verbunden, sondern auch wasserdicht – eben – abgeschlossen. So spart man mit einfachen Mitteln viel Zeit und Geld.

Ein Ende ist übrigens auch für einen ganz speziellen Bereich in Sicht: Ein Teil des Fahrbahnbelags auf der Südschnellwegtrasse, die noch unter Verkehr ist. Mehrere zehntausend Fahrzeuge rollen über diese beiden Fahrbahnen. Jeden Tag, und das seit rund 440 Tagen (Stand heute). Ganz schön viel Last auf einer ganz schön kleinen Fläche. Deswegen eilen wir der Strecke zu Hilfe und setzen sie an einigen Stellen instand. Schließlich müssen wir sie noch weiter nutzen.

Ein kurzer Rückblick für den Hintergrund: Wer den Südschnellweg häufig nutzt (und den Blog schon länger verfolgt), erinnert sich vielleicht noch daran. Im April 2024 haben wir die aktuelle Verkehrsführung eingerichtet. Dabei gab es die böse Überraschung, dass unter den alten Betonschutzwänden in der Fahrbahnmitte der Asphalt teils zerstört war (vgl. Eintrag 17.04.2024). Wir mussten die Sperrung verlängern und die Stellen asphaltieren. Das Ergebnis sind Nähte, die leider in der LKW-Rollspur liegen. Die hohen Lasten machen die Nähte mürbe, deswegen müssen wir sie ertüchtigen.

Verkehr und Baumaschinen - beides passt leider nicht auf die Straße. Schutzplanken müssen abgebaut oder verschoben werden. Deswegen müssen wir wieder einmal stören. Zwar haben wir währenddessen Schulferien, und nicht alle müssen ihre Pendelstrecke fahren. Trotzdem aber möchten wir uns jetzt schon einmal für die Störung entschuldigen.

Die Details: Für eine Woche müssen wir die Route aus dem Verkehr ziehen. Beginn der Südschnellwegsperrung ist am Montagmorgen, 7. Juli, um 5 Uhr. Betroffen ist der Abschnitt zwischen dem Landwehrkreisel und dem Ende der Behelfsbrücke in Richtung Seelhorster Kreuz. Von der Hildesheimer Straße aus kann man aber weiterhin auf den Südschnellweg auffahren – allerdings nur in Richtung Seelhorster Kreuz.

Die Sperrung dauert voraussichtlich bis Montag, 14. Juli, um 5 Uhr. Sollte die Arbeit früher abgeschlossen sein, geben wir die Strecke umgehend wieder frei. Versprochen.

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Die Straßenböschung ist weg, jetzt ist Platz für die neue Leineflutbrücke. Dort, wo das Erdreich zu sehen ist, wird das erste Teilbauwerk gebaut. Fotostandort ist das Widerlager Ost, also das östliche Ende der Brücke.
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Spundwandelemente werden in den Seeboden eingebaut und ergeben eine wasserdichte Wand. Vier Wände ergeben einen Kasten - ein Trockendock. Drei solcher Kästen werden nach und nach im Kiesteich angelegt.
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Die schwimmende Baustelle: Links zu sehen sind die einzelnen Spundwandelemente, der Bagger mit Kranausleger hebt sie dorthin, wo sie gebraucht werden. Der Bagger mit dem senkrechten Ausleger bringt sie in den Seeboden ein.
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Schloss ohne Schlüssel: Zwei Spundwandelemente werden so miteinander verzahnt (Bildmitte), dass sie kraftschlüssig verbunden und wasserdicht sind - ein Spundwandschloss.
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Artikel-Informationen

erstellt am:
23.07.2025
zuletzt aktualisiert am:
31.07.2025

Ansprechpartner/in:
Andreas Moseke

Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr
Öffentlichkeitsarbeit
Göttinger Chaussee 76 A
30453 Hannover

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