Fragen und Antworten: Verkehr und ÖPNV
Ortsumfahrung Ritterhude im Zuge der Bundesstraße 74
Allgemein ist von "induziertem Verkehr" dann zu sprechen, wenn durch den Bau oder Ausbau der Verkehrsinfrastruktur oder durch Veränderung des Verkehrsangebotes, einschließlich der Nutzerkosten, ein Verkehrszuwachs stattfindet, der ohne diese Maßnahme nicht stattgefunden hätte. Hierbei wird zwischen primären und sekundären Effekten unterschieden:
Primäre Effekte:
- a) zusätzliche Fahrten zu neuen Zielen
- b) häufigere Fahrten zu bestehenden Zielen
- c) näher gelegene Ziele werden durch ferner gelegene Ziele ersetzt
Sekundäre Effekte: Standorte (z. B. Arbeit, Produktion, Freizeit) werden an besser erreichbare Plätze verlagert oder es werden an gut erreichbaren Orten neue Standorte geschaffen.
Für die Verkehrsmodellierung sind nur die primären Effekte relevant. Primär induzierter Verkehr wird für die Modellberechnungen im Bundesverkehrswegeplan 2030 ausschließlich im Personenverkehr berücksichtigt. Die Berücksichtigung und das methodische Vorgehen sind im Methodenhandbuch zum Bundesverkehrswegeplan beschrieben. Der Anteil des induzierten Verkehrs, ausgelöst durch die Maßnahme B 74 OU Ritterhude, wird als äußerst gering eingeschätzt, lässt sich aber für Einzelmaßnahmen nicht gesondert ausweisen.
Das Verkehrsmodell Niedersachsen (VM-NI), das der Verkehrsuntersuchung der Ortsumfahrung Ritterhude zugrunde liegt, berücksichtigt die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr. Darin sind neben den Effekten durch induzierten Verkehr auch mögliche Auswirkungen durch den demografischen Wandel oder der Verkehrswende sowie Verlagerungseffekte zum Öffentlichen Nahverkehr berücksichtigt. Diese fließen folglich auch in die Planungen zur B74 Ortsumfahrung Ritterhude ein.
Verlagerungseffekte wurden begleitend zur durchgeführten Umweltverträglichkeitsstudie im Zuge des Raumordnungsverfahrens geprüft und als nicht ausreichend bewertet. Vor dem Hintergrund der aktualisierten Verkehrsuntersuchung sowie der ansonsten unveränderten Situation der Verkehrsträger im Raum würde eine erneute Überprüfung zu keinem neuen Ergebnis führen.
Einer der Gründe für die Maßnahme B 74 Ortsumfahrung Ritterhude ist die Entlastung der Ortschaften im Landkreis Osterholz-Scharmbeck. Wie das gelingt, wird im Bundesverkehrswegeplan 2030 wie folgt beschrieben: „Damit der Landkreis Osterholz von wirtschaftlichen Impulsen profitieren kann, soll eine gute Erreichbarkeit des Güterverkehrszentrums (GVZ) in Bremen und der Häfen Bremen, Bremerhaven und Hamburg insbesondere durch die Verlegung der B 74 im Bereich Scharmbeckstotel / Ritterhude mit Anschluss an den Knotenpunkt A 27 / A 281 ermöglicht werden. Mit der B 74 wird der Verkehr gebündelt und das nachgeordnete Straßennetz entlastet und durch die Verlegung die Verkehrssituation und die Lebensqualität in den Ortsdurchfahrten deutlich verbessert.“ Gleichzeitg können so Stauerscheinungen eingedämmt werden, da der Verkehr den Ort umfahren kann.
Generell ist die Entlastungswirkung von der Wahl der Vorzugstrasse sowie vom abschließenden Ausbaustandard (Lage, Querschnitt, Knotenpunkte) abhängig und wird damit durch die Attraktivität der neuen Strecke beeinflusst. Momentan werden zwei Varianten geprüft: Bei der Westvariante sind Entlastungen bis zu 11.000 Kfz/24h zu erwarten. Bei der Ostvariante würde es beispielsweise für den Bereich Scharmbeckstotel zu einer Entlastung von 8.000 bis ca. 10.000 Kfz/24h kommen. Laut aktuellem Kenntnisstand würde die Westvariante somit die B 74 in den Ortsdurchfahrten Scharmbeckstotel und Ritterhude etwas mehr entlasten als die Ostvariante. Die Ostvariante würde dagegen die L 151 und somit den Ortskern Ritterhude stärker entlasten.
Die Auswirkungen auf das nachgeordnete Straßennetz werden im Detail in der Verkehrsuntersuchung für das Jahr 2035 abgebildet. Hierbei werden sowohl Mehr- als auch Minderverkehre getrennt nach Kfz- sowie Schwerverkehr (über 3,5 Tonnen) ermittelt.
Es werden sowohl Mehr- als auch Minderverkehre getrennt nach Kfz- sowie Schwerverkehr (über 3,5 Tonnen) berücksichtigt.
Die Reisezeiten sind abhängig von dem Querschnitt sowie der Knotenpunkte. Nach aktuellem Stand sollte die Ostvariante je nach Quell- bzw. Zielbeziehung zu einer Verkürzung der Reisezeit führen. Dies dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Schwerpunktrelation Durchgangsverkehr B 74 Osterholz-Scharmbeck und nördlich davon von der bzw. zur A 27 Quell- bzw. Zielbeziehungen sind. Um einen Rückstau zu vermeiden, gilt es, den Verkehrsfluss sicherzustellen und den Zu- und Ablauf der Knotenpunkte entsprechend so zu gestalten, dass ein möglicher Rückstau zügig abgebaut werden kann. Bei lichtsignalgeregelten Knotenpunkten (Ampeln) gelingt das zum Beispiel durch Freigabezeiten. Weiterhin kann der Verkehrsfluss bei einer hohen Fahrzeugdichte über Ein- und Ausfädelungsstreifen aufrechterhalten werden, die gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Straße steigern.
Fahrleistungs- und Fahrzeitenbilanzen lassen sich aus dem Gesamtmodell nur als Gesamteffekt darstellen. Alle Ergebnisse beziehen sich auf das Tagesmittel, da das Modell mit 24h-Verkehren rechnet. Ein Fahrzeitgewinn für Einzelne ließe sich nur unter Berücksichtigung von Quelle und Ziel und nur mit sehr großem Aufwand ermitteln. Entsprechende Berechnungen sind daher standardmäßig nicht vorgesehen.
Die neue Route wird insbesondere vom Durchgangsverkehr (Fahrten durch Scharmbeckstotel, Ritterhude) genutzt. Quell- und Zielverkehre von bzw. nach Scharmbeckstotel bleiben zum Großteil auf der alten Route der B 74, da diese für den Quell- und Zielverkehr durch die Verlagerung des Durchgangsverkehrs an Attraktivität gewinnt.
Bereits bestehende Radwege im Vorhabenraum werden berücksichtigt. Gegebenenfalls werden bestehende Radwege an die Ausbaumaßnahmen der Straße oder auch an neue Anforderungen angepasst. Neubauabschnitte werden voraussichtlich mit neuen Radwegen ausgestattet. In der Regel erfolgt eine straßenparallele Führung von Rad- und Fußwegen unter Berücksichtigung von bereits vorhandenen Verbindungen im Vorhabenraum. Derzeit wird geprüft, wie die Alternativrouten im untergeordneten Netz einbezogen werden können. Insgesamt wird darauf abgezielt, dass eine verbesserte Situation für den Radverkehr eintritt.
Im Verlauf der Ortsdurchfahrt Ritterhude würde es im Bereich der Riesstraße durch eine Ortsumfahrung (B 74 [neu]: Variante West oder Ost) grundsätzlich zu einer Entlastung kommen.
Bei der Ostvariante würde sich der Verkehr im Prognosejahr 2035 von ca. 9.500 Kfz/24h im Querschnitt Riesstraße um ca. 4.300 Kfz/24h auf 5.300 Kfz/24h reduzieren. Bei der Westvariante würde sich der Verkehr im Prognosejahr 2035 um ca. 3.900 Kfz/24h auf 5.700 Kfz/24h reduzieren.
Für die K 43 sind aus einer möglichen Ortsumfahrung nur bei der Ostvariante Verkehrszunahmen zu erwarten, die Westvariante würde demgegenüber mit einer Abnahme der Verkehre einhergehen. Im Prognosejahr 2035 ist mit ca. 10.600 Kfz/24h zu rechnen. Die Ostvariante würde mit einer Verkehrszunahme von ca. 10.500 Kfz/24h auf 21.100 Kfz/24h verbunden sein. Die Westvariante entlastet die K 43 um 2.800 Kfz/24h auf 7.800 Kfz/24h.
Hinweis: Angaben beziehen sich auf die Annahme eines abschnittsweise 3-streifigen Querschnittes (Planfall 2), die Auswirkungen der derzeit in Planung befindlichen Baumaßnahmen der Brückenbauwerke an der L 151 sowie K 44 werden noch einmal überprüft (insbesondere Einfluss auf den Schwerverkehr). Die Ergebnisse werden bei Fortschreibung der Verkehrsuntersuchung nachgelegt / korrigiert. Die Verkehrsbelastungen sind auf 100 Kfz/24h gerundet, es kann daher zu Ungenauigkeiten in der Differenzbetrachtung kommen.
Der Ihlpohler Kreisel kann nicht weiter beansprucht werden, da der Knoten bereits im Bestand an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angekommen ist. Die in der Verkehrsuntersuchung von 2010/2011 betrachtete Variante West eng (jetzt West 1) kommt zu dem Ergebnis, dass eine ausreichende Leistungsfähigkeit nur dann hergestellt werden kann, wenn der Knoten umgebaut wird – diese Maßnahme wäre allerdings nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand (Kosten, Grunderwerb, technischer Straßenausbau) umsetzbar.
Die Anbindung an die Autobahn wird geprüft. Nach aktueller Berechnung ist die Anbindung der Ritterhuder Heerstraße an die A 27 im Bestand leistungsfähig. Auch dies wird im Rahmen der Verkehrssimulation überprüft. Wenn der Knotenpunkt leistungsfähig ist, ist die Prüfung abgeschlossen. Wenn nicht, müssen andere planerische Lösungen entwickelt werden.
Ein Ausbau der Ritterhuder Heerstraße ist nach den Berechnungen der Verkehrsuntersuchung erforderlich. Das liegt daran, dass die Straße im Bestand nicht ausreichend leistungsfähig ist und der Verkehr durch den Bau der linienbestimmten Trasse zunehmen wird. Derzeit wird eine Verkehrssimulation erarbeitet, die die Lage und Länge von möglichen Ausbaubereichen in Kombination mit Knotenpunktsausbauten beurteilt (für die West- und Ostvariante). Anschließend werden die Ergebnisse der weiteren Planung für Neu- und Ausbaustrecken zugrunde gelegt.
Die genannten Straßen werden in erster Linie durch den Knotenpunkt an der B 74 und dem darüber abfließenden Quell- bzw. Zielverkehr aus bzw. nach Osterholz-Scharmbeck beeinflusst. Die kleinräumigen Verbindungen innerhalb der Stadt sind im Modell nicht erfassbar. Über die Wesermünder Straße wird es aber keine nennenwerten Verkehrszunahmen geben.
Die Ortsumfahrung wird dazu führen, dass sich der Verkehr auf die neue Alternativroute verlagert. Dadurch kommt es zu einer Entlastung der Ortsdurchfahrt Ritterhude. Im Falle einer Ostvariante wird diese östlich der bestehenden Bahnlinie verlaufen. Die Auswirkungen (z. B. Lärm resultierend aus der Maßnahme) werden in gesonderten Gutachten auf Grundlage der Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung ermittelt. Sollten mit Hinblick auf den Lärmschutz Grenzwerte überschritten werden, werden entsprechende Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt. Dies erfolgt nach den Regelungen des derzeit geltenden Bundes-Immissionsschutzgesetzes (16. BImSchV).
Auf Grundlage der aktuell vorliegenden Verkehrsuntersuchung ist die Wümmebrücke mit ihren zwei Fahrstreifen nicht ausreichend leistungsfähig und müsste verbreitert werden. Im Zuge der Verkehrssimulation wird dies überprüft, auch in Kombination mit den erforderlichen Knotenpunkten und Anbindungen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
22.02.2023
zuletzt aktualisiert am:
23.02.2023
Ansprechpartner/in:
Anica Ebeling
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