Planfeststellungsverfahren: Allgemeiner Ablauf
Die nachfolgende Grafik zeigt den allgemeinen Ablauf eines Planfeststellungsverfahrens in Niedersachsen bei Zuständigkeit der Landesbehörde. Durch einen Klick in das jeweilige Feld erhalten Sie weitere Informationen.
Allgemeiner Ablauf eines Planfeststellungsverfahrens.
Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (Dezernat 41) ist in Niedersachsen die zuständige Planfeststellungsbehörde für Maßnahmen an ausgewählten Bundesfernstraßen (sog. Bedarfsplanmaßnahmen nach der Anlage 1 zum Bundesfernstraßenausbaugesetz), Flughäfen, Betriebsanlagen für Straßenbahnen, Seilbahnen sowie nicht-bundeseigenen Eisenbahnen sowie für Höchstspannungsleitungen ab einer Spannung von 110 kV (ausgenommen Bahnstromleitungen).
Für Maßnahmen an Bundesautobahnen (Bedarfsplanmaßnahmen) ist die Landesbehörde die Planfeststellungsbehörde bei Verfahren, die bis zum 31. Dezember 2020 eingeleitet wurden. Seit dem 1. Januar 2021 ist hier das Fernstraßen-Bundesamt zuständig.
Die Aufgabe der Planfeststellungsbehörde besteht zunächst darin, die vorgelegten Planfeststellungsunterlagen auf deren Vollständigkeit zu überprüfen. Sodann übergibt sie die Unterlagen der Anhörungsbehörde mit der Bitte, das Anhörungsverfahren durchzuführen. Nach Abschuss des Anhörungsverfahrens fertigt sie – sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen – einen Planfeststellungsbeschluss, der sich mit allen vom Vorhaben betroffenen Rechtsbeziehungen auseinandersetzt.
Die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr ist in Niedersachsen für die o. g. Verfahren auch die zuständige Anhörungsbehörde. Darüber hinaus hat sie die Aufgabe als Anhörungsbehörde auch für Vorhaben der DB Netz AG (sog. bundeseigene Eisenbahnen, einschließlich Bahnstromleitungen) inne, sofern diese Verfahren vor dem 6. Dezember 2020 eingeleitet wurden. Planfeststellungsbehörde ist hier das Eisenbahn-Bundesamt, das seit dem 6. Dezember 2020 auch Anhörungsbehörde in solchen Verfahren ist.
Das Anhörungsverfahren besteht aus folgenden Verfahrensschritten:
- Bekanntmachung, Beteiligung, Planauslegung der Planunterlagen,
- Weiterleitung der Stellungnahmen und Einwendungen an den/die Vorhabensträger(-in),
- Durchführung des Erörterungstermins,
- Erstellung einer (landesbehördlichen) Stellungnahme an die Planfeststellungsbehörde.
Als Vorhabensträger werden die Antragsteller in diesen Verfahren bezeichnet. Für Bauvorhaben an Bundesstraßen und Autobahnen sind dies die regionalen Geschäftsbereiche der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (früher „Straßenbauämter“), die für die Planung und spätere Ausführung zuständig sind.
Weitere Vorhabensträger sind die DB Netz AG für Vorhaben an bundeseigenen Eisenbahnen, private Eisenbahnunternehmen wie beispielsweise die OHE und die EVB für Vorhaben an nicht bundeseigenen Schienenwege.
Für Stadtbahnen sind zwei Vorhabensträger zu nennen: Für Hannover die Infra (Infrastrukturgesellschaft Region Hannover GmbH) sowie für Braunschweig die Braunschweiger Verkehrs-GmbH.
Vorhabensträger für Energieleitungen sind beispielsweise Tennet (früher Eon) sowie Amprion (früher RWE).
Für Infrastrukturvorhaben und bestimmte Großprojekte ist gesetzlich ein Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben. Den Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens stellt der/ die Vorhabensträger(-in). Hierzu reicht er/ sie den Plan bei der Planfeststellungsbehörde ein. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Er beinhaltet ferner die Erfassung der Natur und Landschaft einschließlich einer Bewertung der Eingriffe (sog. Landschaftspflegerischer Begleitplan, LBP), ggf. eines Fauna-Flora-Habitat- (FFH) sowie eines artenschutzrechtlichen Fachbeitrages. Anlassbezogen werden die Unterlagen erweitert um schalltechnische Berechnungen, um Darstellung der elektrischen und elektromagnetischen Felder bzw. auch um wassertechnische Berechnungen.
Bekanntmachung, Beteiligung, Planauslegung
Der Plan wird von der Anhörungsbehörde in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirkt, einen Monat lang zur allgemeinen Einsichtnahme ausgelegt. Diese Auslegung wird zuvor ortsüblich (d. h. je nach Hauptsatzung der jeweiligen Gemeinde am "Schwarzen Brett", oder auch in der Zeitung) bekannt gemacht. Ggf. nicht ortsansässige Betroffene werden durch die Gemeinden über die Planauslegung benachrichtigt. Weiterhin erhalten die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, Gelegenheit zur Stellungnahme (sog. Träger öffentlicher Belange, s. u.).
Betroffene, Naturschutzverbände
Betroffener eines Vorhabens ist jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden. Beispielsweise kann durch die Inanspruchnahme von Grundeigentum in bestehende Rechte eingegriffen oder durch eine Änderung der Verkehrssituation die Lärmbelästigung verstärkt werden.
Die nach § 65 Bundesnaturschutzgesetz anerkannten Naturschutzverbände sind infolge des Infrastrukturbeschleunigungsgesetzes den Betroffenen gleichgestellt. Dies gilt insbesondere für Fachplanungen nach dem Bundesfernstraßengesetz (FStrG), dem Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG), dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG) dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Ihre Einwendungen können demzufolge nur berücksichtigt werden, wenn sie fristgerecht (siehe Einwendungen) eingelegt worden sind. Aufgrund ihrer Stellung als Naturschutzverbände können sie ausschließlich naturschutzfachliche Dinge im Rahmen ihrer Satzungsbefugnisse rügen. Ferner obliegen diese Verbände einer gesteigerten Substantiierungspflicht; der bloße Verweis auf die Unvereinbarkeit mit dem Naturschutzrecht genügt diesen Vorgaben nicht.
Jeder, der seine Belange durch das geplante Vorhaben berührt sieht, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist (ein Monat) bei der Auslegungsgemeinde oder direkt bei der Anhörungsbehörde (in Niedersachsen in der Regel zugleich Planfeststellungsbehörde) Einwendungen einreichen, Anregungen geben oder Vorschläge machen.
Zu spät erhobene Einwendungen können grundsätzlich keine Berücksichtigung mehr finden.
Einwendungen müssen zumindest erkennen lassen, worin sich die Betroffenen in ihren Rechten beeinträchtigt sehen. Andernfalls braucht die Anhörungs-/ Planfeststellungsbehörde hierauf nicht eingehen. Die Betroffenen sind insoweit auch im Klageverfahren mit derartigem Vorbringen ausgeschlossen (sog. Präklusion).
Im Planfeststellungsverfahren sind als Träger öffentlicher Belange diejenigen Verwalter öffentlicher Sachbereiche zu beteiligen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Dies können z.B. die untere Wasser-, Naturschutz- und Bodenbehörde sein, wie auch andere Fachbehörden wie z. B. der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasser-, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).
Träger öffentlicher Belange geben in ihren Stellungnahmen Hinweise zum Vorhaben aus ihrem Fachgebiet. Leitungsträger teilen z.B. mit, ob und ggf. wo sich im Planungsgebiet deren Leitungen befinden oder welche besonderen Schutzvorkehrungen zu treffen sind.
Weiterleitung an Vorhabensträger(-in)
Die Einwendungen und Stellungnahmen, die im Laufe des Beteiligungsverfahrens eingehen, werden dem Vorhabensträger zur Erwiderung übersandt. Die Weitergabe auch personenbezogner Daten ist datenschutzrechtlich zulässig und auch für die Erwiderung durch den Vorhabensträger sachgerecht. Die Vorhabensträger sind verpflichtet, die erhaltenen Daten ausschließlich zum Zweck des Planfeststellungsverfahrens zu nutzen. In Fällen besonderer Art wird die Anhörungsbehörde jedoch von Amts wegen eine vorherige Anonymisierung vornehmen.
Äußerungen zu Einwendungen und Stellungnahmen
Der Vorhabensträger bezieht Stellung zu den eingereichten Einwänden, Vorschlägen und Hinweisen. Soweit möglich, wird den Anregungen der Einwender gefolgt und die Planung geändert; andernfalls legt der Vorhabensträger dar, warum dem Einwand aus dessen Sicht nicht gefolgt werden kann.
Die Anhörungsbehörde erörtert die fristgerecht erhobenen Einwendungen und Stellungnahmen zu dem Plan mit dem Vorhabensträger, den Trägern öffentlicher Belange, sowie den betroffenen Personen und den Naturschutzverbänden, die Einwendungen erhoben haben.
Ziel der Erörterung ist es, eine Lösung mit dem Vorhabensträger und den Beteiligten unter Beachtung der Rechtslage zu finden. Zudem dient der Erörterungstermin dazu, die Informationsbasis der Anhörungsbehörde zu erweitern, um eine sachgerechte Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu gewährleisten.
Der Erörterungstermin ist nicht öffentlich. Lediglich der zuvor genannte Personenkreis bzw. Betroffene sind zugelassen. Die Verhandlungsleitung kann Ausnahmen erteilen, wenn keiner der Anwesenden Einwände erhebt.
Prüfung, Begutachtung, Abwägung
Im Anschluss an den Erörterungstermin prüft die Anhörungsbehörde die vorliegenden Informationen und begutachtet die vorgetragenen Sachverhalte nach der geltenden Rechtslage. Sie wägt die widerstreitenden Interessen gegeneinander ab und sucht eine Lösung, bei der kein Beteiligter unverhältnismäßig belastet wird.
ggf. ergänzende Berechnungen, Gutachten, Planänderungen
Die im Erörterungstermin besprochenen Lösungsmöglichkeiten können beispielsweise Planänderungen zur Folge haben, für deren Bewertung im Abwägungsprozess ergänzende Berechnungen (z. B. schalltechnische Untersuchungen) oder weitere Gutachten benötigt werden.
Mit dem Planfeststellungsbeschluss wird das Vorhaben genehmigt. Hierbei werden alle von dem Bauvorhaben betroffenen öffentlichen und privaten Belange in angemessener Weise gegeneinander abgewogen und widerstrebende Interessen ausgeglichen, ohne dass es weiterer öffentlicher Verfahren oder Zustimmungen anderer Behörden bedarf. Der Planfeststellungsbeschluss erteilt insoweit alle ansonsten erforderlichen Genehmigungen und bündelt sie in einer Entscheidung (sog. Konzentrationswirkung).
Gegen den Planfeststellungsbeschluss kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg erhoben werden. Für bestimmte, im Infrastrukturbeschleunigungsgesetz bzw. Energieleitungsausbausgesetz vorgesehene Maßnahmen ist die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen.
Die Klage ist schriftlich zu erheben und muss den Kläger, den Beklagten sowie den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Es besteht Anwaltszwang. In der Rechtsbehelfsbelehrung wird hierauf entsprechend hingewiesen.
Wird Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss erhoben, überprüft das jeweils zuständige Gericht die Rechtmäßigkeit der getroffenen Regelungen.
Der Prüfungsmaßstab richtet sich allerdings nach der Art der Betroffenheit:
Jeder im Eigentum Betroffene kann verlangen, nur in rechtmäßiger Weise enteignet zu werden. Mithin kann er grundsätzlich alle Regelungen des Beschlusses angreifen. Bei den lediglich mittelbar Betroffenen können nur solche Rechte geltend gemacht werden, die von der Rechtsordnung den Betroffenen ein bestimmtes Recht zuweisen (beispielsweise die Einhaltung der Lärmgrenzwerte nach § 41 BImSchG).
Die Naturschutzverbände sind aufgrund ihrer Stellung auf Einwendungen zu Fragen des Naturschutzes beschränkt.
- Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
- Bundesfernstraßengesetz (FStrG)
- Luftverkehrsgesetz (LuftVG)
- Personenbeförderungsgesetz (PBefG)
- Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)
- Niedersächsisches Gesetz über Eisenbahnen und Seilbahnen (NESG)
- Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (EnWG)
- Gesetz über die Umwelt-verträglichkeitsprüfung (UVPG)
- Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben (InfraStrPlanVBeschlG)
Artikel-Informationen
Ansprechpartner/in:
Björn van Cattenburg
Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr
Dezernatsleiter 41 (Planfeststellung)
Göttinger Chaussee 76 A
30453 Hannover
Tel: (0511) 3034-2903
Fax: (0511) 3034-2099