Fokus Ladeinfrastruktur: Kommunen diskutieren beim 2. E-Mobility-Summit
Landesstraßenbaubehörde richtet Fachtagung in Hannover aus
Wie kommt flächendeckend neue Ladeinfrastruktur ins Land? Welche Rolle spielen die Landkreise und Kommunen, welche der Markt? Rund 70 Vertreterinnen und Vertreter der niedersächsischen Landkreise und Kommunen, des niedersächsischen Verkehrsministeriums sowie der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) haben beim zweiten „E-Mobility-Summit“ am 6. Juni im Alten Rathaus in Hannover Lösungen diskutiert und Erfahrungen ausgetauscht. Ein Schwerpunkt lag auf der Ausbauberatung der NLStBV: Rund 5.000 Standorte für Ladeinfrastruktur haben Landkreise und Landesstraßenbaubehörde bereits identifiziert, 5.000 weitere sind in Bearbeitung. An jedem Standort sind mehrere Ladepunkte möglich.
1,5 Millionen Elektroautos – das ist der niedersächsische Beitrag zum Klimaziel der Bundesregierung von 15 Millionen E-Fahrzeugen bis zum Jahr 2030. Derzeit sind in Niedersachsen etwa 115.000 vollelektrische Autos unterwegs. Das sind 2,3 Prozent aller PKW im Land (Bund: 2,2 Prozent). Das heißt: Die E-Flotte in Niedersachsen muss sich mehr als verzehnfachen. Das gilt auch für die öffentlichen Ladepunkte. Rund 8.500 sind es derzeit, etwa 100.000 müssen es werden – zusätzlich zu den privaten Ladepunkten zuhause oder bei Unternehmen.
Die Kommunen halten den Schlüssel hierfür in der Hand. Sie wissen, wo Ladepunkte entstehen sollten, steuern Bauplanung und -genehmigung und pflegen direkte Verbindungen zu Investoren und zum Netzbetreiber.
Frank Doods, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung: „Ohne unsere Kommunen geht es nicht. Sie müssen ihre Aktivitäten rund um die Elektromobilität ausweiten. Aber: Wir als Land lassen sie damit nicht allein. Niedersachsen hat sich klar zur Elektromobilität bekannt.“ Kostenlose Beratung und konkrete Unterstützung – auf diesen beiden Säulen beruht die Landeshilfe derzeit. Doods: „Gemeinsam müssen wir das Ziel verfolgen, dass sich ein entsprechender Markt entwickelt. Eine privat betriebene, öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur, die sich wirtschaftlich trägt – gemeinsam schaffen wir dafür die Voraussetzungen.“
Eric Oehlmann, Präsident der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, betonte: „Elektroantriebe sind eine tragende Säule auf dem Weg zur klimaschonenden Mobilität und damit ein wichtiger Teil der Verkehrswende. Um flächendeckend die Voraussetzung für Elektromobilität zu schaffen, stehen unsere Beraterinnen und Berater den Landkreisen und Kommunen unterstützend zur Seite.“ Mit gutem Erfolg: Diese sind beim Ausbau der Ladeinfrastruktur auf einem guten Weg. 13 Landkreise und kreisfreie Städte arbeiteten bereits fest mit der Landesstraßenbaubehörde zusammen. Der Fortschritt in den einzelnen Landkreisen sei zwar unterschiedlich. „Doch schon jetzt haben wir das Ziel von 10.000 neuen Standorten für Ladeinfrastruktur in Sicht“, sagte Oehlmann. Neun weitere Landkreise haben Erstgespräche mit der Landesstraßenbaubehörde geführt. Sechs Landkreise waren auf eigene Kosten aktiv geworden. Oehlmann: „Damit ist mehr als die Hälfte der Landkreise dabei, detaillierte Ausbaukonzepte zu entwickeln.“
Lokale Ausbaukonzepte: Auf die Mischung kommt es an
Zum zweiten Mal hat die Landesstraßenbaubehörde den „E-Mobility-Summit“ in Hannover aufgelegt. Damit griff sie die gute Resonanz der Vorjahrestagung auf und knüpfte an die Themen rund um Elektromobilität und Verkehrswende an. Vorträge und Workshops strukturierten den Tagungsverlauf.
Shivam Tokhi, Elektromobilitätsmanager bei der Landesstraßenbaubehörde, erläuterte das kostenlose Beratungspaket der NLStBV für die Kommunen. Ein Angebot, das gut in Niedersachsen ankommt, wie er sagte. „Elektromobilität ist bei allen Gesprächspartnern auf der Tagesordnung. Der Wissensstand ist jedoch sehr unterschiedlich. Wir treffen deswegen mit unserem pragmatischen Ansatz auf großes Interesse.“ Die Beratung sieht vor, gemeinsam die erforderliche Ladekapazität anhand des Ladebedarfs im Jahr 2030 zu ermitteln, Standorte für Ladepunkte zu identifizieren und die nötige Netzabdeckung zu klären. „Wesentlich für ein gutes Ausbaukonzept ist die richtige Mischung unterschiedlich leistungsstarker Ladepunkte, angepasst an die örtlichen Gegebenheiten“, erklärte Tokhi. Die Konzepte skalierten und beschleunigten den konkreten Ausbau in den Kommunen deutlich. Denn es verkürzten sich nicht nur die örtlichen Genehmigungsverfahren. Insbesondere können im Markt vorhandene Investitionen besser in den Kommunen platziert werden. Auch für die Vermarktung der Standorte sei die Landeshilfe im Gespräch. Das Ziel ist es, die Marktdynamik zu steuern und so die Versorgung flächendeckend zu sichern.
Digitales Verkehrsmanagement hält den Verkehr per Navi-App flüssig
Die Antriebswende dekarbonisiert die Fahrzeugflotte. Und das digitale Verkehrsmanagement der NLStBV hält die Flotte grundsätzlich in Bewegung. Wolfgang Metz, Leiter des Dezernates Betrieb und Verkehrsmanagement der NLStBV, stellte dazu fest: „Wir nutzen Collaborative Routing und Verkehrslenkungsstrategien, um den Verkehr flüssig zu halten.“ Über die Navigations-App Nunav könne jede Fahrerin und jeder Fahrer schon von dieser Technologie profitieren und darüber hinaus aktiv dazu beitragen, Staus zu vermeiden. Zu bekommen sei sie in jedem App-Store. „Verkehr, der fließt, schont Antriebsressourcen und erhöht die Leistungsfähigkeit unserer Infrastruktur. Damit trägt digitales Verkehrsmanagement direkt zum Klimaschutz bei“, sagte Metz.
Öffentlicher Raum ist wichtiger Faktor
„Wir brauchen eine doppelte Verkehrswende.“ Mit dieser These appellierte Dr. Weert Canzler an das Plenum, den Blick zu weiten. Canzler ist Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung beim Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Zu der Antriebswende hinzukommen müsse die Verkehrswende im öffentlichen Raum, sagte er. „Die Städte ächzen unter dem Raumbedarf der Fahrzeugflotte. Autos werden immer größer, ihre Zahl nimmt weiter zu.“ Die Folge: Der öffentliche Raum werde knapp. „Städte müssen die individuelle Mobilität in Richtung des Öffentlichen Nahverkehrs entwickeln. Ein Mittel hierzu ist, ihren Raum neu zu strukturieren“, führte Canzler aus. Beispiele wie Brüssel, Paris, Groningen oder Mailand führten vor Augen, wie die Elektrifizierung der Flotten mit dem Ausbau des ÖPNV ineinandergreifen. Canzler: „Darüber hinaus schaffen sie es auf diesem Weg, die Lebensqualität in den Städten noch zu verbessern.“
Öffentlicher Raum in der Stadt ist knapp. Wohin also mit dem ruhenden Verkehr? An dieser Leitfrage richtete Professor Dr.-Ing. Christian Adams seinen Vortrag aus. Adams lehrt als Studiendekan im Fachgebiet Verkehrsplanung und Mobilität an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen. Aus seiner Sicht ist auch der Umgang mit dem Parken ein Schlüssel für die Verkehrswende. „Kann es weiter selbstverständlich bleiben, dass ich mein Fahrzeug im öffentlichen Raum der Stadt abstellen kann?“, fragte er. Die Antwort hierauf berühre einen wichtigen Faktor, der zum Gelingen der Verkehrswende in Innenstädten beiträgt.
Hintergrund: Elektromobilitätsberatung bei der NLStBV
Niedersachsen hatte 2021 als erstes Bundesland die Beratung der Kommunen aufgenommen, noch vor dem aktuellen Masterplan Ladeinfrastruktur II des Bundes (15 Millionen-Ziel). Damit liegt Niedersachsen bundesweit vorn bei dieser Unterstützung.
Das Ziel ist es, den Ladeinfrastrukturausbau in den Kommunen von einem sporadischen zu einem strategischen Ausbau zu führen. Die Beratung ist kostenfrei und belastet damit den kommunalen Haushalt nicht.
Die Elektromobilitätsmanagerinnen und -manager erarbeiten gemeinsam mit den kommunalen Teams Ausbaukonzepte. Im Zuge der Beratung entsteht ein immer genauerer Überblick über den Ausbaubedarf in Niedersachsen – bis hinunter auf einzelne Ortsteile.
Die Erarbeitung der Konzepte aktiviert die Handlungsfähigkeit der Kommunen und vereinheitlicht den Wissensstand zu diesem Thema. Im Gegenzug lernt die Landesstraßenbaubehörde, welche konkreten Ausbauprobleme vor Ort auftreten und wo Ansatzpunkte für mögliche landeseinheitliche Lösungen liegen.
Hintergrund: die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr
Die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr ist mit Niederlassungen in ganz Niedersachsen vertreten: 13 regionale Geschäftsbereiche mit 56 Straßenmeistereien kümmern sich um die heimische Infrastruktur. Das sind rund 16.200 Kilometer Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, mehr als 9.000 Kilometer Radwege und etwa 5.600 Brückenbauwerke. Rund 2.950 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für die Landesbehörde tätig. Rund 500 Millionen Euro hat die Landesbehörde im Jahr 2022 in den Bau und Erhalt der Infrastruktur investiert.
Artikel-Informationen
erstellt am:
07.06.2023
zuletzt aktualisiert am:
08.06.2023
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